Eigentlich hatte ich vor, dieses Sprichwort für einen anderen Beitrag zu verwenden. Aber manchmal läuft es nicht so wie geplant.
Wie ich euch in meinem letzten Blogbeitrag mitgeteilt habe, hatte ich im Juni 2020 sehr viel Stress. Ich wurde Admin im Schreibnacht-Forum, habe das Schreibnacht-Magazin übernommen und war zwar sehr kreativ, habe in der Zeit aber nichts geschrieben, da ich auch in der Schule viel zu tun hatte. Wie das Leben so spielt.
In den letzten Wochen habe ich aber gemerkt, dass es mir zu viel wird. Drei Jahre lang war ich Userin im Schreibnacht-Forum, habe an Wordwars und Abenteuern teilgenommen, die ein oder andere Schreibtour absolviert und mich ausgetauscht. Ich habe so viel Zeit in dieses Forum gesteckt, in die Aktionen, schließlich auch als Teammitglied hinter den Kulissen. Ich war bei fast jeder Schreibnacht seit Juli 2017 online, habe Special Wordwars geleitet, Teams während den Camps angeführt und immer versucht, mein Bestes zu geben. Ich habe mir den Admin-Posten erarbeitet, Beitrag für Beitrag, Like für Like.
Minuten wurden zu Stunden zu Monaten zu Jahren.
Da war doch noch etwas …
Kurz nach meinem Beitritt bei der Schreibnacht habe ich mit Freund:innen eine Writing Buddy-Gruppe gegründet – und sie mit viel Verantwortung, Transparenz, Kommunikation und Herzblut geleitet. Es gab Tränen, es gab Frust, es gab Missverständnisse, es gab aber noch viel mehr Respekt und Freundschaft und Wertschätzung. Ich habe dort Freund:innen gefunden, mit denen ich fast täglich schreibe.
Die Brainstormers sind für mich ein Hafen im Autorinnenalltag geworden. Dort habe ich Platz für Erfolge und Kummer, für Brainstorming und Alltag. Wir sind mehr als Writing Buddys, wir sind eine kleine Schreib-Familie.
… und noch etwas …
Dann gibt es noch Autor:innen, die ich offline gerne treffe (und die z.T. auch Brainstormers wurden). Ich bin durch die Schreibnacht auf die Köln-Treffen aufmerksam geworden, habe monatlich daran teilgenommen, sie schließlich sogar monatlich organisiert.
Und jetzt, da sie während Corona ausgesetzt sind, fehlen sie mir. Mir fehlt der persönliche Austausch, der einmal im Monat stattfindende Nachmittag mit Autor:innen – und ich kann es kaum erwarten, diese Tradition wieder aufzunehmen.
… und noch etwas …
A book is not an isolated being:
it is a relationship,
an axis of innumerable relationships.
Jorge Luis Borges
Dann habe ich noch ganz viele andere Events besucht.
- Die Frankfurter Buchmesse 2017, 2018, 2019
- Das Litcamp in Heidelberg 2018 & 2019
- Das Litcamp in Bonn 2019
- Das Litcamp in Hamburg 2019
- schreibende Freund:innen, die in anderen Städten leben.
Gefühlt war ich in den letzten drei Jahren andauernd unterwegs. Vernetzung ist richtig und wichtig und es macht mir so viel Spaß, auf Events zu gehen, mich weiterzubilden, neue Leute kennenzulernen und mich über Bücher und das Schreiben aufzutauschen. Und die Zeit nehme ich mir. Ich kann es kaum erwarten, so viele Leute wiederzusehen.
… und noch etwas …
Seit Anfang 2019 habe ich darüber hinaus auch Artikel für das Schreibnacht-Magazin geschrieben. Ich habe Interviews geführt, Plotting-Techniken recherchiert, das Schreibhandwerk betrachtet, Rückblicke geschrieben und schließlich im Juni 2020 das Magazin übernommen.
Und ich habe sehr, sehr viel Arbeit in den folgenden Wochen hineingesteckt. Ich habe neue Redakteur:innen und Lektor:innen gewonnen, Hilfe für Social Media angeworben, mit Cassiopeia Casteels neue Konzepte entworfen und ganz viel Zeit in die Sichtung alter Artikel gesteckt. Das Schreibnacht-Magazin ist eine Mammutaufgabe – ein Fass ohne Boden.
Aber wenn das daraus wird, was geplant ist, jeden Schweißtropfen und jede Minute wert.
… aber da war doch noch etwas?
Love your work,
love your story,
love your characters,
love the challenge of creating a book.
Kathy Jacobson: Emotion. Fiction’s Connecting Link
Seit Anfang Juni habe ich kaum geschrieben. Meine Leseflaute brauche ich kaum noch zu erwähnen. Hatte ich im Juni noch die Ausrede, dass ich mich um den „Schulkram“ kümmern musste, fiel dieser Punkt mit Beginn der Ferien weg.
Und ich hatte immer noch keine Lust zu schreiben …
… oder zu lesen …
… oder aufzustehen.
Das Schreiben ist für mich ein Zeichen, dass es mir gut geht. Meine Kreativität beflügelt mich. Ich kann mich an den Laptop oder Schreibtisch oder vor das leere Papier setzen und stundenlang an Welten, Figuren, Plots, kurz: Geschichten, arbeiten.
Mein Herz gehört dem geschriebenen Wort und solange ich glücklich bin, fließen die Wörter aus mir – egal, wie gestresst ich bin oder wie viele andere Aufgaben ich erledigen muss.
Aber im Mai hab ich kaum ein Wort geschrieben.
Im Juni habe ich gar kein Wort geschrieben.
Und Anfang Juli ging es gleich so weiter.
Geht das jetzt so weiter, Francis?
In den letzten Monaten lief einiges nicht so, wie ich es mir vorgestellt habe. Die Organisation eines Forums frisst sehr viel Zeit, besonders als neue Admin – und obendrein hatte ich noch frisch das Magazin übernommen.
Und Anfang Juli 2020 musste ich mir eingestehen, dass ich keine dieser Aufgaben so erledigen kann, dass sie mit meinen Prinzipien vereinbar sind.
Während meines Studiums habe ich zugunsten von Hausarbeiten während der vorlesungsfreien Zeit nie geschrieben. Während des Semesters nahm ich mir feste Zeiten, und das hat gut geklappt.
Ein Projekt wird beendet.
Dann kommt das nächste.
Und noch ein weiteres.
Und ich war glücklich. Ich war nicht immer mit dem Ergebnis zufrieden, aber ich habe mein Potential ausgeschöpft und das Beste aus der Situation gemacht. Wenn es nicht lief, hatte ich mich übernommen. Und dieser Hintergrund ließ mich erkennen, dass ich mich jetzt auch übernommen habe – und das schon seit einer Weile.
Ich habe einen endlos hohen Stapel ungelesener Bücher, aber seit drei Jahren kaum ein Buch gelesen. Ich kaufe Bücher, die ich immer haben wollte, die früher mein Herz haben höher schlagen lassen, aber die derzeit nur mit einem müden Lächeln und dem Versprechen, irgendwann zu ihnen zu kommen, ins Bücherregal gesteckt werden.
Ich habe Geschichten, die ein „Ende“, eine erste Überarbeitung und sogar Testleser:innen-Runden absolviert haben und die trotzdem noch nicht mein Postfach verlassen haben, um irgendwo unterzukommen.
Ich habe einen Blog, der seit Wochen weiter gefüllt werden möchte – mit Rezensionen, kritischen Beiträgen, all dem, wofür mein Herz sonst brennt.
Nein, so kann es nicht weiter gehen.
In den letzten drei Jahren ist die Schreibnacht auf meiner Prioritätenliste immer weiter nach oben gerutscht. Erst waren es nur Abende, die ich im Forum verbracht habe, dann ganze Tage. Ich habe in Pausen kurz geschaut, ob ich Nachrichten habe. Ich habe stunden-, ach was, tagelange Gespräche geführt, Pläne geschmiedet, Artikel geschrieben.
Und langsam merkte ich, dass ich an meine Grenzen komme – dass ich nicht mehr abschalten kann, keine Distanz mehr habe. Ich habe versucht, Abstand zu finden, und bin kläglich gescheitert. Ich wurde nicht gelassen und ich wollte es auch nicht wirklich.
Und als ich den Admin-Posten angeboten bekam, habe ich für ein paar Wochen vergessen, wie nah ich schon am Abgrund taumelte. Ich hab mir gesagt, dass ich das hinkriege. Mit Transparenz und Kommunikation und Wertschätzung.
Aber ich kriege es nicht hin.
Schreibnacht-Forum.
Die Brainstormers.
Autor:innen-Treffen.
Schreibnacht-Magazin.
Social Media.
Blog.
Lesen.
Schreiben.
The only obligation any artist can have is to himself. His work means nothing, otherwise. It has no meaning.
Truman Capote
Ich bin …
Schreibnacht-Admin?
Schreibnacht-Teammitglied?
Schreibnacht-Userin?
…Autorin.
Für mich ist das Forum in den letzten Wochen zu einem Ort geworden, der mich an meine Grenzen bringt.
All die positiven Seiten, die mein Beitritt zum Forum für mein Autorinnenleben bedeutet hat, verblassen zusehends und zurück bleibt eine endlose To Do-Liste.
Wann habe ich das letzte Mal das Schreibnacht-Forum geöffnet, ohne mich verpflichtet zu fühlen? Wann habe ich es für mich, für mein Schreiben, geöffnet und wurde motiviert?
Diese Fragen spukten mir im Kopf herum. Ich hab so viel Zeit in das Forum gesteckt, damit andere die Atmosphäre, den Support, die Freundlichkeit erleben, die das Forum mir geboten hat, als ich mich angemeldet habe. Aber für mich ist es nicht mehr dieser Ort. Zu viel ist passiert, zu viel in den letzten Monaten kaputt gegangen. Zu viele meiner Grenzen wurden überschritten.
Und daher ziehe ich einen Schlussstrich und setze ein „Ende“ unter meine Zeit bei der Schreibnacht. Nicht nur als Admin und Teammitglied, sondern auch als Userin.
The best endings never conclude or close; they open.
Michael Orlofsky: Nailing the Conclusion
Ich möchte wieder Zeit haben.
Für Bücher.
Für den Blog.
Für Freund:innen.
Für die Brainstormers.
Für meinen Verlobten.
Für meine Geschichten.
Für meine Familie
Für mich.
Liebe Schreibnacht – Federschwingende.
Ich bin dankbar, dass ich in meiner kurzen Admin-Zeit einen Stein in Richtung inklusiver Sprache in allen Bereichen des Forums anstoßen konnte.
Ich bin dankbar, dass ich durch Special Wordwars, manche Schreibtouren und die vielen betreuten Aktionen dazu beitragen konnte, dass Manuskripte angewachsen sind.
Ich bin dankbar, dass ich Menschen gefunden habe, die ich meine Freund:innen nennen darf und die mein Autorinnenleben begleiten und die mit mir Projekte angehen, die ich mir in meinen wildesten Träumen nicht vorstellen konnte.
Ich bin dankbar, dass ich so viele tolle Autor:innen kennengelernt habe, mit denen ich mich austauschen konnte und die meinen Weg auch weiter begleiten werden.
Danke für tiefgründige Gespräche, Nachfragen, Support, Likes, Anteilnahme und all die freundlichen Worte. Die Schreibnacht ist großartig.
Ein ganz besonderer Dank gilt den Menschen, ohne die meine Liebe für die Schreibnacht nicht entstanden wäre.
Ann und Phil – ihr seid die besten Wordwar-turns Brainstorming-Buddys, die man sich wünschen kann.
Katrin – Du bist mein Fels in der Brandung, wenn alles im Chaos versinkt.
Heiko, Frederic, Mirjam, Sophia, Marina – Danke für euer Vertrauen und euer offenes Ohr und danke für eure Unterstützung, auch wenn die Welt gerade Kopf steht.
Antonia, Desiree, Rebekka, Liz, Rebecca, Nicole, Esma, Jasmin, Anne, Mone – Danke für drei Jahre Brainstorming und Geplauder – auf viele weitere Jahre!
Emma – meine Twitterfee – online und offline. Bitte mehr Fotos von Polly! Für dich fahre ich sogar ins Nirgendwo.
Cassie – Ich liebe dich. Plain and simple.
Bianca – Du hattest es mit mir nicht immer einfach, aber ich danke dir für achtzehn gemeinsame Monate im Team & Magazin, für grandiose Badges und offline-Treffen.
Kaeyzie – Danke für die Köln-Treffen (und das grandiose Abendessen in Frankfurt!) und die vielen Menschen, die ich durch dich kennengelernt habe.
Laura, Tenja, Sophie, Jen, Patricia, Nicola und alle weiteren Teammitglieder, mit denen ich zusammengearbeitet habe – ihr wart ein tolles Team. Hut ab!
Katharina & Lia – Danke für stets offene Ohren und den Glauben, dass es eine Zeit nach der Schreibnacht gibt.
Jennie – DANKE für die Schreibnacht!
Liebe Francis.
Alles gute für deinen weiteren Weg. Ich war unglaublich aufgeregt, als ich zu meinem ersten Kölntreffen durch den Hauptbahnhof gelaufen bin und einfach nur gehofft habe, dass ich euch irgendwie finde und ich euch auch im echten Leben noch mag. Als ich euch dann gefunden hatte, hast du mich mit einer so freundlichen, herzlichen Art in Empfang genommen, dass ich mich sofort wohler gefühlt habe. Ein ganz großes Danke dafür.
Du wirst der Schreibnacht fehlen, gar keine Frage, aber du hast einen Schlussstrich gezogen und das ist gut so. Ich glaube, es ist das einzig richtige dem Druck ein Ende zu setzen, der die Leidenschaft zerstört.
Geh deinen Weg ohne die Schreibnacht weiter. Ich bin sicher, es wird ein guter Weg. Viel Erfolg.
Henneschen/Jasmin
Liebe Jasmin,
vielen Dank für deine Worte! Deine Zustimmmung und auch deine Erzählung von deinem ersten Köln-Treffen bedeutet mir viel. Wir werden uns weiterhin auf Treffen in Köln sehen, da bin ich mir sicher.
Liebe Grüße,
Francis